In der deutschen Literatur ist das 18. Jahrhundert geprägt von einem Nebeneinander literarischer Strömungen. Mehrere literarische Epochen existieren gleichzeitig. Die ihnen zugeordneten Werke unterscheiden sich hinsichtlich ihres Inhaltes, aber auch hinsichtlich ihrer Ästhetik.
Die Aufklärung kommt nach Deutschland
Die Epoche des Barock wird im 18. Jahrhundert abgelöst von der Aufklärung. Bei ihr stehen Vernunft und Denken im Mittelpunkt, die sich stark von dem Glauben und der kritiklosen Hingabe abgrenzen. Geschichtlich bereiteten einerseits die Glaubenskriege und ihre verheerenden Folgen der Aufklärung in Deutschland den Weg. Andererseits verbreiteten sich die Auffassungen des französischen Philosophen René Descartes. Er stellt die Vernunft in den Mittelpunkt. Sie sollte das menschliche Handeln bestimmen und sie allein war Maßstab des Guten in der Welt. Europa war zu dieser Zeit jedoch nicht allein vom französischen Rationalismus geprägt. Auch die Bewegung des englischen Empirismus mit Bacon, Hobbes, Locke und Hume als wichtigsten Vertretern prägte die deutschen Gelehrten. Anders als beim französischen Rationalismus stand nicht allein die Vernunft an vorderster Stelle, sondern die Empirie, also die Erfahrung und das Erlebte, sowie die eigene Sinneswahrnehmung. Zum wichtigsten Vertreter der deutschen Aufklärung wurde in der Philosophie Immanuel Kant mit seiner Aufforderung; sich seines „eigenen Verstandes zu bedienen“.
Als einer der berühmtesten Aufklärer gilt Gotthold Ephraim Lessing. Neben seinen Fabeln dichtete er vor allem Dramen. Vor allem die vier Dramen „Miß Sara Sampson“, „Nathan der Weise“, „Emilia Galotti“ und „Minna von Barnhelm“ werden noch heute mit Begeisterung aufgeführt und gelesen. „Miß Sara Sampson“ war das erste deutsche bürgerliche Trauerspiel, in dessen Mittelpunkt nicht Adlige, sondern Bürgerliche standen. Vorlage des deutschen bürgerlichen Trauerspiels gelten die beiden Romane „Pamela“ und „Clarissa“ des englischen Dichters Samuel Richardson. So spielt auch Lessings Stück „Miss Sara Sampson“ in England und ist durch Konflikte innerhalb der bürgerlichen Familie gekennzeichnet.
Physikotheologie und Anakreontik
Ein bedeutender Vertreter der Lyrik der deutschen Frühaufklärung war der Dichter Barthold Heinrich Brockes. Sein „Irdisches Vergnügen in Gott“ ist ein bedeutendes Werk der Physikotheologie, die keinen Gegensatz zwischen naturwissenschaftlicher Erkenntnis und theologischem Glauben sieht, sondern beides miteinander in Einklang zu bringen vermag. Obwohl die Physikotheologen laut D’Aprile und Siebers ihrer religiösen Weltanschauung treu blieben, öffneten sie sich durch ihre empirischen Beobachtungen der wissenschaftlichen Erkenntnis.
Eine weitere Strömung des 18. Jahrhunderts stellt die Anakreontik dar. Ihr fehlt der Ernst der aufklärerischen Dichtung. In ihr geht es vielmehr darum, sinnlichen Genuss und Lebensfreude auszudrücken. Ein Vertreter der Anakreontik beziehungsweise des literarischen Rokoko war Friedrich von Hagedorn, der für eine besonders formenreiche Lyrik bekannt ist und großen Anklang bei seinen Zeitgenossen fand.
Klopstock und die Empfindsamkeit
Als einer der bedeutendsten Dichter des 18. Jahrhunderts gilt neben den berühmten Aufklärern Lessing, Goethe, Herder u. a. Friedrich Gottlieb Klopstock. Klopstock vertritt die Strömung der Empfindsamkeit und war zugleich Pietist. Neben religiösen Aspekten wurden Werke wie „Der Messias“ getragen von einer Betonung der Gefühle und des Seelenlebens.
Sturm und Drang – eine Gegenbewegung zur Aufklärung?
Die Strömung des Sturm und Drang wird in der deutschen Literaturgeschichte ganz unterschiedlich bewertet. Während manche sie als Teil der Aufklärung betrachten, gilt sie anderen als Fortführung oder als Gegenbewegung. Fest steht, dass sie eine Revolution darstellte und besonders von jungen Autoren geprägt war, die sich gegen die bestehende Ordnung wandten. Eines der bedeutendsten Werke des Sturm und Drang ist Goethes „Die Leiden des jungen Werther“, das Ulrich Plenzdorf als Vorlage für „Die neuen Leiden des jungen W.“ diente, welches 1972 erstmals in der DDR aufgeführt wurde.
Quellen:
- Alt, Peter-André: Aufklärung. Stuttgart/Weimar 1996.
- D’Aprile, Iwan-Michelangelo / Siebers, Winfried: Das 18. Jahrhundert. Zeitalter der Aufklärung. Berlin 2008.
- Grundmann, Hilmar: Deutsche Literaturgeschichte für Lehrer. Stuttgart 2001.