Politische Lage (Teil 4)

Politische Lage (Teil 4)

Yazid soll „Thronfolger“ werden

Eigentlich wurde die Thronfolge, wie man die Nachfolge Muawiyahs tatsächlich nennen muss, schon vor dem Martyrium Imam al-Hassans (a) festgelegt, jedoch war dies Muawiyah, aufgrund von Oppositionellen und äußeren Faktoren97, nicht möglich. Man könnte aber auch sagen, dass er selbst gierig nach Macht war und nicht mal seinem eigenen Sohn etwas gegönnt hatte. Außerdem wollte Muawiyah, dass sich die Leute langsam daran gewöhnen, dass sein Sohn, der damals noch keine dreißig Jahre alt war, der neue Kalif und im Sinne Muawiyahs: „Kaiser“ der Muslime werden sollte. Aber weshalb „daran gewöhnen“? Dies, weil die letzten fünf Kalifen (Abu Bakr, Omar, Uthman, Imam Ali (a) und Imam al-Hassan (a)) keine Erbfolge von einem davor waren.98 Wie gesagt, führte Muawiyah auf allen Ebenen ein neues Herrschaftssystem ein, das die islamische Nation noch nie zuvor zu Gesicht bekam und auch islamisch nicht haltbar war. Es war eine Art Kaiserreich, das angelehnt an das Byzantinische Reich aufgebaut werden sollte: das „Umayyaden-Reich“.99

Wieder einmal wurden Leute gekauft, um zu bezeugen, dass Yazid, der Sohn Muawiyahs, der geeignetste Nachfolger sei. Schließlich, nach einigen Vorbereitungen war das Angestrebte erreicht. Dah’aak ibn Qays, ein Gefolgsmann Muawiyahs, hatte jemanden beauftragt folgendes zu machen: „Wenn sich die Gouverneure bei mir einfinden, werde ich zunächst nichts sagen. Du aber wirst Yazid als Kalifennachfolger vorschlagen …“ Dann hat jemand, auf Muawiyah weisend, gesagt: „Er ist der Fürst der Gläubigen, und wenn er stirbt, wird er es sein.“ Bei diesen Worten zeigte er auf Yazid. Dann, mit dem Griff zum Schwert, sagte er: „Wer damit nicht einverstanden ist, der wird dies (das Schwert) zu spüren bekommen.“ Ein anderer, A’mr ibn Sa’id al-Aschdaq sagte: „Yazid ist genau der, den ihr euch wünscht. Seine Gerechtigkeit ist die, die ihr wollt.“100 Neben diesen Irregegangenen, gab es noch eine Reihe weiterer, die ihre Religion, und letzten Funken Ehre, für weltliche Ziele verkauft haben, und sprachen sich für Yazid aus. Als Marwan ibn al-Hakam die Leute von Medina aufforderte, Yazid als zukünftigen Nachfolger Muawiyahs anzuerkennen, bekräftigte er dies mit dem Satz: „Muawiyah ist diesbezüglich vorgegangen wie Abu Bakr.“ Darauf sei aber Abd ar-Rah’man, der Sohn von Abu Bakr, aufgestanden und meinte, dass dies eine Lüge sei, da sein Vater, Abu Bakr, Omar nur (schriftlich) empfohlen hätte und dieser kein Familienmitglied Abu Bakrs wäre. Wie dem auch sei, denn schließlich musste man die Nachfolge bzw. Thronfolge Yazids anerkennen, ob es einem passte oder nicht. Damit beging Muawiyah den größten Fehler der jungen islamischen Geschichte, denn er übergab das Zepter der muslimischen Führung einem öffentlichen Ungläubigen! Und damit brach Muawiyah wieder einen weiteren Paragraphen des Abkommens mit Imam al-Hassan (a). Man könnte noch viel von Muawiyahs hinterhältiger List und Intrige erwähnen, dennoch möchten wir uns darauf beschränken. Schließlich starb Muawiyah im Jahre 60 n. H. (680 n. Chr.) im Alter von 80 Jahren.101 Somit tyrannisierte er über zwanzig Jahre die Muslime. Daraufhin wurde Yazid – per Erbfolge – neuer Kalif.

Zur Person Yazids

Wer war Yazid? Sein Geburtsjahr ist nicht ganz klar unter den Historikern, jedoch beschränkt man sich auf das Jahr 25 oder 26 n. H.102 Er ist bei seinen Onkeln, mütterlicher Seite, aufgewachsen, die vor der Eroberung Schams noch Christen waren. Seine Lebens- und Denkweise wurde sehr stark von ihnen beeinflusst. Yazid ibn Muawiyah war dafür bekannt, dass er dem Alkohol103 so sehr verfallen war, dass er das Gebet unterlassen hatte104. Er hatte eine Leidenschaft für Affen105 und für das Jagen106. Neben weiterer vieler Unmoralitäten und sinnlosem Zeitvertreib, war er auch noch bekanntermaßen ungläubig107. Solch eine niedrige Kreatur, die sich im Suff, Unzucht treibend, mit Affen spielend und sonstiger tierischer Eigenschaften als Fürsten der Gläubigen bezeichnete, sollte nun die Macht über die Muslime übernehmen.

Ziel Yazids

Im Jahre 60 n. H. ist also Yazid Nachfolger von Muawiyah geworden. Seine wichtigste Aufgabe war es, alles, was seine Macht in Gefahr bringen könnte, zu unterbinden bzw. auszulöschen. Es gab zwar eine kleine Anzahl, die gegen ihn waren, aber nicht aktiv oder hätten nicht genügend Stimmen für ein angestrebtes Kalifat, wie z. B. Abdullah ibn Zubayr108. Der Einzige, der Yazid wirklich gefährlich werden könnte, war der reine Imam al-Hussein (a). Imam al-Hussein (a) lebte zu dieser Zeit in Medina und war gleichzeitig, nach dem Martyrium seines Bruders Imam al-Hassans (a), der dritte Imam. Die Hauptaufgabe, die sich Yazid in seinem noch in der Wiege liegendem Kalifat stellte, war es den Treueid von Imam al-Hussein (a) zu bekommen. Dies wollte Yazid vom Sohn der Tochter des Propheten (s), dem ehrenvollsten, gottesfürchtigsten und tugendvollsten Menschen zu seiner Zeit. Da Yazid wusste, dass es im Irak immer noch Leute gab, die sich um ihren wahrhaftigen Imam (a) versammelten, die die treuen Schiiten waren, wies er seinen Gouverneur von Medina (Walid ibn U’qbah) an, Imam al-Hussein (a) dazu zu drängen, ihm den Treueid zu geben. Ebenfalls sagte Yazid zu Walid, dass wenn er (a) den Treueid verweigern sollte, so solle Walid ihm den Kopf Imam Husseins (a) schicken.

Herangehensweise Imam Husseins (a)

Einleitend möchten wir hier erwähnen, dass die Herangehensweise Imam Husseins (a) eine andere war, als die seines Bruders Imam al-Hassan (a). Dies hatte vor allem auch damit etwas zu tun, dass Imam al-Hassan (a) offiziell mit dem Kalifat beauftragt wurde. Imam al-Hussein (a) wiederum ist zwar nach schiitischer Überzeugung, der von Allah (swt) erwählte dritte Imam (a), jedoch wurde er nicht mit dem (politischen) Kalifat beauftragt, da nun die Dynastie der Umayyaden regierte. Dies ist auch ein triftiger Grund, weshalb Imam al-Hassan (a) notgedrungen nach diplomatischeren Wegen griff. Imam al-Hussein (a) hatte von der Allgemeinheit des Volkes aus keine amtliche politische Position. Sicherlich, die treuen Gefolgsleute von ihm (a), d. h. die Schiiten, sie erkannten die göttliche Beauftragung Imam Husseins (a) als ihren Führer (imaam) an.

Nach dem Martyrium Imam Hassans (a) hat Muawiya noch zehn Jahre gelebt und somit hat Imam Hussein (a) längere Zeit unter dem politischen Druck der Umayyaden, als Imam, gelebt. In dieser Zeit war der Imam nicht tatenlos, sondern hat sich (soweit ihm dies bei solch einer prekären Lage möglich war) um die Belange der Muslime gekümmert, hat sie im Islam unterrichtet und die wahren Kerngedanken des Islam seines Großvaters, des Propheten Mohammad (s), gelehrt.

Wenn man Imam Hussein (a) verstehen möchte, so muss man die Lage nach Muawiyahs Tod betrachten. Damaskus ist zu einer Umayyaden-Hochburg geworden. Der Irak stellte jedoch immer noch eine entscheidende oppositionelle Macht gegenüber der Bani Umayyah dar. Es gab nun zwei oppositive Hauptgruppierungen: 1. Leute, die nun nach Muawiyahs Tod die Gelegenheit gekommen sahen, die Macht umzupolen und nach Kufa zu verlegen und dies waren ebenfalls Machtgierige, vom wahren Glauben verlassene Menschen. 2. Eine Gruppe, die am wahren Islam festgehalten hatte und nun nach dem Tode Muawiyahs, die Chance sahen der Verirrung und völligen Verdrehung des Islams ein Ende setzen zu können und die ursprünglichen, menschlichen Werte wiederherzustellen. Aber zum größten Teil waren die Iraker davon überzeugt, dass Yazid als Kalif nicht geeignet war. Weiter waren sie sich in weiterem Punkt einig, nämlich wer sie gegen Yazid unterstützen könnte: Imam al-Hussein (a).

Wie erwähnt, sollte Walid ibn U’qbah, Yazids Gouverneur in Medina, Imam al-Hussein (a) dazu drängen, ihm dem Treueid zu geben. Außerdem wollte Yazid, dass der Imam (a) den Treueid nicht im Geheimen gibt, sondern in aller Öffentlichkeit in der Moschee. Marwan ibn al-Hakam, eine listige und zugleich von politischer Feinheit ausgestattete Persönlichkeit, sagte zu Walid, dass er auf der Hut sein soll und er Imam Hussein (a) nicht von Medina fortgehen lassen soll, bis dieser (a) Yazid den Treueid gegeben hättee. Der Imam (a) antwortete darauf: „Nicht du und nicht er wird mich töten.“ Dann richtete sich der Enkel des Propheten Mohammad (s) an Walid und sagte: „Yazid ist Alkoholiker und ein Frevler (faasiq). Er ist nicht geeignet, die Muslime und ihr Land zu regieren …“

Imam Hussein (a) geht nach Mekka

Imam Hussein (a) hatte Yazid also nicht den Treueid geleistet. Wie sollte der reine Imam (a) einem Frevler den Treueid leisten? Es war sein (a) legitimes Recht diesen zu verweigern. Jedoch haben wir zuvor erwähnt, dass der Großmufti und stellvertretende Justizminister des Königreiches Saudi Arabien – Abd al-Aziz bin Abdullah Aal ash-Shaikh sagte, dass dies eine Sünde Imam Hussains (a) gewesen sei. Wie schwach, wenn ein Mensch im 21. Jahrhundert immer noch von den Machenschaften der Umayyaden verblendet werden kann. Wie dem auch sei. Der Imam (a) hat Medina, aus Protest gegen Yazid, verlassen, jedoch nicht insgeheim, wie es Abdullah ibn Zubayr tat, sondern ganz offenkundig. Er (a) tat damit seinen Protest öffentlich kund. Imam al-Hussein (a) nahm seine Familie, seine treuen Gefolgsleute, die Frauen und Kinder mit. Noch bevor er aufbrach, ging er zum Grabe seines Großvaters, dem Propheten Mohammad (s), seiner Mutter Sayyida Fatima az-Zahra (a) und seinem Bruder Imam al-Hassan (a) und verabschiedete sich von ihnen sehr leidenschaftlich. Bemerkenswert daran war unter anderem, dass der Prophet (s) dem Imam (a), nachdem dieser an seinem Grab eingeschlafen war, in seinem Traum begegnete. Darin hat Prophet Mohammad (s) seinem Enkel Imam al-Hussein (a) einen Kuss auf die Stirn gegeben und ihm erzählt, was ihm am Tage von Aschura passieren wird und auf welche grausame Art und Weise er ermordet wird. Zum Schluss sagte er (s) seinem Liebling (a): ‚‚… Mein geliebter Hussein, dein Vater, deine Mutter und dein Bruder kamen zu mir und sagten, dass sie dich sehr vermissen. Du hast einen besonderen Rang im Paradies …‘‘109 Am 28. Rajab 60 n. H. machte er sich mit seiner Karawane auf den Weg in Richtung Mekka.

Hier stellt sich aber eine entscheidende Frage: Weshalb ging der reine Imam (a) nicht direkt nach Kufa, anstatt nach Mekka, obwohl doch offensichtlich war, dass die Iraker, vor allem in Kufa, die einzigen waren, die Schaam die Stirn bieten könnten? In Kufa war die Lage eigentlich im allgemeinen Pro-Ahlul Bayt (a). In den anderen Gebieten jedoch, wie Medina und auch Mekka, war die absolute Mehrheit dem tyrannischen Regime des Islamhassers Yazid zugeschrieben. Selbst in Basra (irakischer Ort) war die Mehrheit des Volkes auf Bani Ummayah eingestimmt und außerdem gab es dort einen starken Gouverneur Yazids, nämlich U’baydullah ibn Ziyaad. Imam al-Hussein (a) ging nicht direkt nach Kufa, weil er (a) sich noch etwas Zeit verschaffen wollte, um dadurch offen erkenntlich zu machen, was die Leute Kufas wirklich wollten und ob sie tatsächlich ihr Wort einhalten würden. Außerdem konnte der Imam (a) nicht in Medina bleiben, da es eine große Gefahr für sein heiliges Leben (a) darstellte und somit die Revolution ins Wanken geraten würde. Zweitens war dies ein erster aktiver Protest gegen die Regierung Yazids.

Am 3. Sha’baan, in der Nacht zum Freitag, kam der Imam (a) und seine treuen Gefolgsleute (r) in Mekka an110. Es ist interessant zu sehen, dass der Imam (a) und seine Leute für 125 Tage in Mekka blieben und dies somit die längste Epoche der Revolution Imam Husseins (a) war und es dennoch darüber die wenigsten (schriftlich festgehaltenen) historischen Berichterstattungen gibt.

Nun stellt sich eine weitere Frage: Weshalb Mekka? Zuvor behandelten wir die Frage, weshalb der Imam (a) nicht direkt nach Kufa gegangen ist. Nun aber, warum hat er (a) ausgerechnet Mekka ausgewählt? Der wahrscheinlich stärkste Grund dafür war die Pilgersaison (al-h‘ajj). Wir sagten, dass er Anfang Sha’baan in Mekka ankam. Sha’baan ist der achte Monat des islamischen Mondkalenders. Somit würde die Pilgersaison also vier Monate später beginnen, und wenn man genauer sein will, eigentlich schon etwas früher, denn nur die Pflichtteile der Pilgerfahrt beginnen dann, jedoch kamen sicher schon viele vor diesem Termin. Jedenfalls ist dies die Zeit der größten Versammlung von Muslimen an einem Ort. Es war eine hervorragende Möglichkeit für die Propaganda des himmlischen Auftrages Imam Husseins (a). So konnte man eine oppositionelle Kampagne gegen Yazid starten und den Menschen die wirkliche Intention Bani Umayyahs erläutern und vom wahren Islam abgrenzen. Mekka war schon seit dem Beginn der himmlischen Botschaft des Propheten Mohammad (s) zu einem Zentrum der Aggressionen gegen die reine Familie des Propheten (s) geworden. Nur zwei Jahre nach der Revolution in Kerbala sagte der Sohn Imam al-Husseins (a), Imam Zayn al-Abidin (a): „Keine zwanzig Männer in Mekka und Medina lieben uns.“111

Vorbereitungen zur Revolution

Nachdem in Kufa bekannt wurde, dass Muawiyah gestorben war und Imam Hussein (a) Yazid den Treueid (öffentlich) verwehrte, gab es dort einige Versammlungen, die die Lage besprechen sollten und ihre erste wurde im Hause von Sulaiman bin Sard al-Khazaa’i112 abgehalten. Sie äußerten ihre Bedrücktheit darüber, dass der Islam von Bani Umayyah kaputtgemacht wurde und diese die islamischen Grundlagen verleugnet hatten. Außerdem beklagten sie die öffentliche und amtliche Unterdrückung der Schiiten. Sie begannen Briefe an Imam al-Hussein (a) mit ihren Klagen und ihrer Bereitschaft zu kämpfen zu schreiben, wobei der erste Brief am Zehnten des heiligen Monats Ramadan ankam113. Unter anderem schrieben sie: „Wir erkennen das Kalifat Yazids nicht an und wollen nur dich (d. h. Imam al-Hussein (a)) als unseren Imam … In Kufa sind Hunderttausend Mann, die mit dem Schwert umzugehen vermögen, bereit, dich zu unterstützen. Wenn du unserer Einladung nicht folgst und dich nicht zum Schutze der Religion erhebst, hast du dies vor Gott zu verantworten.“ Einige Historiker berichten von tausenden Briefen, die an den Imam (a) adressiert wurden.114

Der Imam (a) beantwortete diese Briefe mit den Zeilen: „… Ich schicke meinen Vetter Muslim, dem ich vertraue, zu euch, damit er sich über die Situation bei euch in eurer Stadt informiert und mich darüber in Kenntnis setzt. Wenn das, was ihr mir schreibt, stimmt, werde ich zu euch kommen.“115 Er (a) wandte sich persönlich an Muslim ibn A’qil (r) und schickte ihn daraufhin mit diesem Schreiben nach Kufa.

Solange Imam al-Hussein (a) in Mekka war, gab es keinen militärischen Versuch, von Seiten Yazids, gegen ihn (a) vorzugehen. Dies kann mehrere Gründe gehabt haben, wie z. B. aufgrund der hohen Anzahl an Menschen in Mekka zur Zeit der Pilgerfahrt und ein anderer Grund kann auch gewesen sein, dass der Imam (a) mit höchster Sicherheit von seiner Familie (a) und treuen Gefolgsleuten (r) beschützt wurde. Trotz alledem gibt es historische Befunde, dass Bani Umayyah unfähig war Imam al-Hussein (a) in Mekka zu ermorden.116

Wie gesagt machte sich Muslim ibn Aqil (a), mit dem Brief Imam al-Husseins (a), am 15. des heiligen Monats Ramadan auf den Weg nach Kufa. Er war für seine Stärke und Männlichkeit bekannt, denn schon unter der Führerschaft von Imam Ali (a) zählte er zu den wichtigsten Generälen in der Schlacht von „Siffin“.117 Am 5. Shawwaal118 kam er in Kufa an.119 Die Leute Kufas hießen ihn willkommen. Er schätzte die Lage als sicher ein und schrieb seinem Imam (a), dass die Leute Kufas ihm (a) folgen und auf seine (a) Ankunft warten würden. Aus einigen Überlieferungen geht sogar hervor, dass sie, als sie die Botschaft Imam al-Husseins (a) gelesen hatten, anfingen zu weinen.120 Täglich stieg die Zahl in Kufa, die sich dem Weg Imam Husseins (a) anschließen wollten, bis sich eine Anzahl von 18000 Mann angesammelt hatte, die ihm (a) den Treueid schwuren.121 Die niedrigste Zahl derjenigen, die ihm (a) den Treueid schwuren, die in den historischen Werken genannt wird, lieg bei 12000, jedoch erwähnen die meisten Historiker die genannte Zahl von 18000.

Jedoch muss an dieser Stelle erwähnt werden, dass die Aufgabe Muslims, sich nicht nur auf die Überbringung der Botschaft des Imams (a) beschränkte, sondern sollte er auch das Volk von Kufa gegen Bani Umayyah stimmen, so wie aus einigen historischen Belegen hervorgeht.122 Trotz der Sympathien der Leute Kufas für Imam al-Hussein (a) hat das noch nicht geheißen, dass sie alle in den Widerstand mitziehen würden. Schnell wurde ersichtlich, dass sie zwar Liebe für die Wahrheit hatten, jedoch nicht bereit waren dafür ihr Leben zu lassen. Aus den historischen Werken geht hervor, dass aus all denjenigen, die noch vor der Revolution für den Weg des Imams (a) gestimmt hatten, lediglich drei Männer waren, die das Martyrium in Kerbala erfuhren.123 Hieran kann man sehen, dass das Einstehen für die Wahrheit ein sehr großes Unterfangen ist und nur ganz wenigen Menschen gelingt, vor allem, wenn der Preis dafür Armut oder gar das Leben ist. Es benötigt einen starken Charakter, ein großes Maß an Menschlichkeit und eine starke, fundierte Überzeugung. Genau diese Eigenschaften besaß Muslim ibn A’qil (r), denn es war ersichtlich, dass die Aufgabe Muslims mit seinem Martyrium enden würde.

Imam Hussein (a) geht in Richtung Kufa

Nachdem der Imam (a) die Zeilen seines Cousins, Muslim ibn A’qil (a), gelesen hatte, machte er (a) sich mit seiner Familie (Frauen und Kinder) und treuen Gefolgsleuten (r) auf den Weg nach Kufa.

Gleichzeitig wusste Yazid durch seine Spitzel, wohin der Imam (a) gehen wollte. Er beriet sich mit seinem Berater Surjuun ibn Mansuur, der ihm ein christlicher Berater nach byzantinischem Vorbilde war. Auf dessen Anraten schickte Yazid seinen Gouverneur aus Basra U’baydullah ibn Ziyaad nach Kufa. Hier sei erwähnt, dass Surjuun dies anhand eines Briefes von Muawiyah, den er vor seinem Tode verfasst haben soll, begründete. Wenn dies stimmen würde, d. h., dass dieser Brief tatsächlich von Muawiyah stammte, so wäre der Mordplan an Imam Hussein (a) schon zu Zeiten Muawiyahs bewiesen. Wenn der Brief aber in Wirklichkeit von Surjuun verfasst bzw. erfunden war, so wäre dies ein schlimmer Eingriff in das Schicksal der Muslime durch Surjunn selbst.

U‘baydullahs‘ Hauptauftrag in Kufa war: Muslim ibn Aqil (a) aufzuhalten oder ihn zu töten. In Kufa angekommen, brauchte U’baydullah ibn Ziyaad nicht lange, um die Namenhaften des Volkes auf seine Seite zu ziehen, denn er kannte die Leute von Kufa sehr gut, noch aus der Regierungszeit seines Vaters – Ibn Ziyaad – in Kufa. Außerdem sollten die „Schiiten“, d. h. diejenigen, die sich auf der Seite Imam Hussains (a) befanden eingesperrt bzw. getötet werden. Darunter war auch Maitham at-Tammaar, der zusammen mit neun anderen, brutal ermordet wurde. Mit Hilfe von einem Spitzel, konnte das Versteck Muslims sehr schnell ausfindig gemacht werden, der sich bei Hani ibn U’rwa (r) aufhielt. Hani (r) wurde festgenommen und eingesperrt. Muslim jedoch, erhob sich zum Widerstand, denn zuvor schrieben die Leute von Kufa noch, dass sie zu Hunderttausenden bereit wären zu kämpfen. Davon war keine Spur mehr. Noch am gleichen Abend haben die Leute von Kufa, Muslim im Stich gelassen. Hani und Muslim fanden den Märtyrertod. Die Angesehenen von Kufa blieben still in ihren Häusern.

Auf dem Weg nach Kufa, in einer Ortschaft namens Bustaan Bani A’amer, traf Imam al-Hussein (a) den Dichter al-Farazdaq, der auf eine Frage des Imams wie folgt antwortete: „Ihre Herzen sind mit dir und ihre Schwerter auf dir …“ Was so viel bedeutet wie: Die Herzen der Leute aus Kufa sind mit dir, jedoch ihre Schwerter auf dir. D. h. sie sympathisieren mit dem Imam (a), sind jedoch zu schwach ihr Weltliches aufzugeben und werden dich daher im Stich lassen bzw. töten. Woraufhin der Imam (a) sagte: „Ich stimme zu. Die Menschen sind dem Hab ihr Diener …“124 Weitere Leute traf Imam Hussein (a) auf seinem Weg nach Kufa, die ihm dasselbe sagten. Aber, dass er von Anfang an zu al-Farazdaq sagte „Ich stimme zu“ zeigt, dass der Imam (a) an sich schon wusste, wie die Menschen in Kufa eingestellt waren und dass auf ihn das Martyrium warten würde. Dennoch hat dem Enkelsohn des Propheten Mohammad (s) nichts davon abgebracht, sich weiterhin auf seine Bestimmung zu konzentrieren: gen Kufa zu gehen. Es ist außerdem aufschlussreich, dass der Imam (a) mehrere auf dem Wege nach Kufa traf, jedoch bis dahin sich ihm niemand angeschlossen hatte, wie z. B. al-Farazdaq und Bishr ibn Ghaalib, von dem das berühmte Bittgebet vom Tage von A’rafat überliefert wurde und als Sympathisant für die Ahlul Bayt (a) galt. Jedoch gab es einen, der sich dem Imam (a) und seiner Anhängerschaft anschloss. Es war Zuhayr ibn al-Qain (r).

In dem Ort Ath-Tha’labiyah angekommen, das ungefähr zwei Drittel des Weges von Mekka nach Kufa betrug, erfuhr Imam al-Hussein (a) von dem schrecklichen Vorfall in Kufa, dass Muslim ibn A’qil und Hani ibn U’rwah ermordet wurden. Der Imam (a) informierte seine Gefolgsleute von dem Vorfall und stellte es ihnen frei, ob sie nun mit ihm (a) weitergehen oder umkehren wollen. Einige gingen zurück, wie manche schreiben, jedoch seine Familie und seine engen, treuen und gottesfürchtigen Freunde, blieben alle tapfer an seiner Seite.

Imam al-Hussein (a) und seine Anhängerschaft, d. h. die Männer, Frauen und Kinder, wurden dann von H’orr ibn Yazid ar-Riyaah‘iy, einem Offizier der Armee Kufas, angehalten. Eine Armee von tausend Mann stand vor einer Hand voll tapferer Leute. Die politische Situation in Kufa war nun den Umständen entsprechend zugunsten Yazids eingestellt, da U’baydullah zuvor Muslim ibn A’qil (r) und weitere Anhänger Imam al-Husseins (a) kaltblütig ermordete, wodurch die Leute von Kufa eingeschüchtert wurden und ihren Imam (a) wieder einmal im Stich ließen. Dennoch hatte die Führung Bani Umayyahs Angst vor einem Eintritt Imam Husseins (a) in Kufa, da sich dort dennoch die meisten Schiiten des Landes aufhielten. H’orrs Ziel war es, dass dem Imam (a) und seinen Leuten (r) der Weg nach Kufa versperrt werden würde und so einen anderen Weg einschlagen müssten. Er stellte den Imam (a) vor zwei Entscheidungsmöglichkeiten: 1. er würde mit H’orr als Gefangener nach Kufa gehen, um so an U’baydullah bin Ziyad ausgeliefert zu werden oder 2. er würde einen anderen Weg einschlagen, mit der Bewachung von H’orr. Der Imam (a) wollte nicht als Gefangener in Kufa eintreten, jedoch hat er nicht auf die Belange H’orrs reagiert, sondern setzte sich auf sein Pferd und wartete bis all seine Gefolgsleute ihre Pferde bestiegen hatten und ritt los. Der Imam (a) wusste, dass er in beiden Fällen ermordet werden würde, dennoch selbst hier entschied er sich als freier Mensch zu handeln und schließlich zu sterben. So gingen sie, in Bewachung H‘orrs, in eine andere Richtung und machten nach einer Weile an einem Ort halt.

Dann fragte der Imam nach dem Namen dieses Ortes. Es wurde ihm gesagt, dass er Al-Ghaderiyah heiße. Dann fragte er, ob es noch einen anderen Namen hätte, worauf gesagt wurde, dass es auch Naynawa heiße. Dann fragte der Imam (a): „Hat es einen anderen Namen als dieses?“ Sie sagten: „Das Ufer des Euphrats.“ Der Imam (a) fragte: „Hat es noch einen anderen Namen?“ Woraufhin sie sagten: „Es heißt Kerbala.“ Imam al-Hussein (a) seufzte und sagte: „Lasst uns an diesem Orte anhalten. Hier ist das Ziel unserer Reise. Hier wird unser Blut vergossen. Hier werden unsere Frauen verschmäht. Hier, bei Allah, werden unsere Männer getötet. Hier, bei Allah, werden unsere Kinder geschlachtet. Hier werden unsere Grabstätten aufgesucht. Diese Erde hat mir mein Großvater, der Gesandte Allahs, versprochen und sein Wort ändert sich nie.“

Am 2. Muharram 61 n. H.: Angekommen an dem Ort, von dem schon sein Großvater, das beste Geschöpf, dass es je gab und geben wird, Prophet Mohammad (s) sprach. Als U’baydullah ibn Ziyaad darüber informiert wurde, schickte er ein teuflisches Heer unter Kommando von Omar ibn Sa’d dort hin. Yazid beauftragte U’baydullah damit, den Imam (a) zum Treueid zu drängen und falls dieser nicht geleistet werden würde, so solle er ihn (a) umbringen lassen.

Imam al-Hussain (a) und seine Anhänger (r) entschieden sich für die Freiheit und gegen die Unterdrückung. Der Pfad der Freiheit sollte am 10. Muharram 61 n. H. seinen Höhepunkt mit dem Martyrium Imam Hussains (a) erreichen.

Fußnoten:

97 Außerdem stand in der vertraglichen Übereinkunft zwischen Imam al-Hassan (a) und Muawiyah, wenn Muawiyah sterben würde, dass Imam al-Hassan (a) bzw. bei dessen Tod, Imam al-Hussein (a) das Kalifat übernehmen werde.

98 Obwohl Omar von Abu Bakr schriftlich als sein Nachfolger bestimmt wurde, meinten einige, dass dies jedoch nur eine Empfehlung Abu Bakrs war.

99 Al-Hus’niy, Muntakhabaat at-Tawaarikh li Dimashq, S. 81; Al-Balaazeri, Ansaab al-Ashraaf, B. 2, S. 147

100 Dr. Schahidi, Analysierte islamische Geschichte, (Übersetzung von: Hella Kamalian), S. 225

101 Sein Grab liegt in Damaskus (Syrien) und ähnelt einem Müllberg. Wogegen der Schrein Imam Husseins (a) in Kerbala von höchster Erscheinung ist und mit 14 Millionen Menschen besucht wird und damit den Rekord für die größte Versammlung von Menschen besitzt.

102 A’llamah al-Majlisi, Bihar al-Anwaar, Band 44, S. 309

103 Al-Bidayah wan-Nihayah, Band 2, S. 258

104 Ibn A’saakir, Tarikh ibn A’saakir, Band 7, S. 372; as-Suyuti, Tarikh al-Khulafaa‘, S. 81; u.v.m.; Aber sicher hat er nicht nur aufgrund des Alkoholkonsums das Gebet unterlassen.

105 Jawaahir al-Mataalib, S. 143; Muruj az‘-Z’ahab wa Maa’adin al-Jawhar, Band 2, S. 95

106 Al-Ya’qubi, Tarikh al-Ya’qubi, Band 2, S. 230

107 Al-Bidayah wan-Nihayah, Band 8, S. 192; Ansaab al-Ashraaf, Band 2, S. 2

108 Als Abdullah ibn Zubayr mitbekommen hatte, dass er Yazid den Treueid geben sollte, verschwand er in unauffälliger Form nach Mekka.

109 A‘llaamah al-Majlilsi, Bih‘aar al-Anwaar, B. 44, S. 328

110 Al-Bidayah wan-Nihayah, S. 160; I’laam al-Waraa, S. 223

111 Ibn Abi al-H’adid, Sharh‘ Nahj al-Balaaghah, Band 4, S. 104

112 Sulaiman bin Sard al-Khazaa‘i war ein im Jahre 28 v. H. geborener Jeminite und durch den heiligen Propheten Mohammad (s) zum Islam konvertierte. Er nahm u. a. an der Khandaq- und Siffin-Schlacht teil. In der letzteren war er ein großer General auf der Seite Imam Alis (a), die gegen Muawiyah kämpften. Nach der Rückkehr des Propheten (s) zu seinem Herrn (swt) hat sich Sulaiman bin Sard in Kufa abgesetzt. Zur Zeit des Kalifat Uthmans hat er Briefe an ihn geschrieben, die seine Klagen über das unislamische Verhalten des damaligen Gouverneurs in Kufa beinhalteten.

113 Al-Mufid, al-Irshad, S. 202; Tarikh al-Umam wal-Muluk, B. 3, S. 277

114 Al-Luhuuf, S. 105

115 Al-Futuuh’, B. 5, S. 35; Al-Mufid, al-Irshad, S. 204; Tarikh al-Umam wal-Muluuk, B. 3, S. 278

116 Shaikh al-Mufid, Kitab al-Irshaad, S. 201; al-Ya’quubi, Tarikh al-Ya’quubi, Band 2, S. 248-249; u.v.m.

117 Ansaab al-Ashraaf, B. 2. S. 836; A’llamah al-Majlisi, Bihar al-Anwaar, Band 42, S. 93

118 Muruuj az‘-Z’ahab, Band 3, S. 55

119 D.h. seine Reise dauerte 20 Tage

120 Tarikh al-Umam wal-Muluuk, Band 3, S. 279

121 Al-Akhbaar at‘-T’iwaal, S. 235; Rawd’ah al-Waa’iz‘‘iin, S. 173

122 Al-Futuuh‘, Band 5, S. 35; Maqtal al-Khawaarzamiy, B. 1, S. 195-196

123 Tarikh al-Umam wal-Muluuk, B. 3, S. 279

124 Al-Mah’ajjatul-Bayd’aa, B. 4, S. 228

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